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Erlebnisse schaffen (Teil 2) – Eine Chance für die Gastronomie

Ok, ich oute mich! Eigentlich kann ich Weihnachtsmärkten wenig abgewinnen, aber vergangene Woche hat es mich dann doch mal kurz auf den Augsburger Christkindlmarkt verschlagen. Und es war gar nicht so schlecht, trotz widrigen Wetters und – für meinen Geschmack – zu vielen Menschen.

Grund meines Besuchs: Einen Anreiz für meine 6-jährige Tochter Frida zu schaffen, mich nach der Schule kurz in die Bar zu begleiten, wo ich noch einige Dinge zu erledigen hatte. Und da war eine Bratwurstsemmel dann der ausschlaggebende Grund, warum sie ja gesagt hat. Die wiederum war dann gar nicht so schlecht, was man aber für 6 Euro auch erwarten darf.

Weil wir schon beim Thema Preise sind, habe ich die Chance auch gleich genutzt für eine kleine Preis-Recherche.  Eine Bratwurstsemmel kostet hier auf dem Augsburger Christkindlmarkt zwischen 5 und 8 Euro, ein Glühwein ab 4 Euro (wobei man für die ganzen „fancy Sachen“ im Weinglas auch 7-8 Euro ausgeben kann. Alles andere als ein Schnäppchen, so ein Weihnachtsmarkt-Besuch.

Und dennoch: Die Menschen stehen Schlange und sie haben Spaß dabei. Das Feeling scheint dafür zu sorgen, dass man sein Geld gerne ausgibt und es sich für ein paar Stunden gut gehen lässt.

Da fragt man sich schon: Wie kann es sein, dass in der Gastronomie allerorts mit sinkenden Umsätzen gekämpft wird, während solche Events boomen?

Facts: Der Christkindlmarkt am Münchner Marienplatz zieht jedes Jahr 3 Millionen Besucher an. (Dort kostet eine Bratwurstsemmel mal schnell 7 oder 8 Euro, und ein Glühwein geht kaum unter 5 Euro, wohlgemerkt nur 0,2 l). Oder natürlich noch verrückter: Das Oktoberfest lockte 2023 rund 7,2 Millionen Menschen an (bisheriger Rekord) und 2024 trotz sehr mäßigen Wetters auch noch sehr gute 6,8 Millionen. Die Maß Bier kostete im Schnitt 15 Euro, ein halbes Hendl bis zu 23 Euro.

Das Geld ist also da, und die Bereitschaft, es auszugeben auch. Was müssen wir als Gastronomen also tun, dass die Menschen auch bei uns ihr Geld gerne ausgeben?

Der Hunger nach mehr als nur “satt werden”

Die Antwort liegt nicht im Essen oder den Getränken, sondern in dem, was wir den Menschen darum herum bieten: ein Erlebnis.

In meinem letzten Beitrag bin ich ja bereits darauf eingegangen, warum Geschichten für uns Menschen so wichtig und damit so mächtig sind. Wir lieben es, Teil einer Story zu sein. Wir lieben es, etwas erzählt zu bekommen und diese Geschichten weitererzählen zu können.

Und genau das bieten uns diese Events wie Weihnachtsmärkte oder das Oktoberfest: Sie entführen uns aus dem Alltag und schenken uns Momente, in denen die Welt (meistens) noch recht heil ist.

(Umso perfider sind ja gerade Anschläge wie jüngst in Magdeburg – sie zerstören die Geschichten von einer heilen Welt, wie wir sie gerne hätten.)

Viele von uns fühlen sich von der Schnelllebigkeit und den Routinen des Alltags gestresst. Wir sehnen uns nach einer Auszeit, einem Abenteuer, nach Innovation, nach etwas Echtem in einer zunehmend digitalen Welt. Und wir suchen nach Gemeinschaft, nach Verbundenheit, nach Orten, an denen wir uns zugehörig fühlen.

Jeder kann Erlebnisse schaffen

Und genau hier liegt unsere Chance, die Menschen wieder für die Gastronomie zu begeistern. JEDER von uns kann mit seinem Café, seiner Bar, seinem Restaurant, seinem Imbiss, seinem Club oder welcher Form von Gastronomie auch immer Erlebnisse schaffen.

Dabei geht es nicht darum, jeden Abend eine aufwendige Show zu inszenieren. Es geht darum, immer wieder Momente zu schaffen, die authentisch zu dir und deiner Gastro passen und die deinen Gästen einen kleinen „Wow-Moment“ verschaffen; etwas, das in Erinnerung bleibt, etwas, das sich weitererzählen lässt.

Was das sein kann, ist extrem vielfältig und manchmal muss man einfach ein paar Sachen ausprobieren, bis man für sich das Richtige gefunden hat. Wichtig: Du musst dafür nicht dein ganzes Konzept auf den Kopf stellen, oder deinen ganzen Laden umkrempeln. Starte mit kleinen Schritten und mit einfachenDingen und teste, was bei deinen Gästen gut ankommt. Wichtig ist, dass du dich an den Bedürfnissen deiner Kunden orientierst und deine eigene Geschichte erzählst.

So machst du dein Restaurant zum Erlebnis

Hier mal ein paar recht einfache Aspekte, die dir dabei helfen, deine Gastro erlebbarer zu machen:

  • Optische Highlights: Nutze Beleuchtung, Dekoration und Präsentation, um „instagrammable Moments“ zu schaffen. Selbst eine Toilette kann ein Erlebnis sein, wenn sie cool gemacht ist!
  • Kulinarische Events: Aus Speisen Events zu machen, ist mit das einfachste und naheliegendste, was man in einem Restaurant machen kann – und die Menschen lieben es! Da gibt es wirklich tausende von Ideen. – Ob das jetzt Farm-to-Table-Dinner, Open-Kitchen-Abende, Länder-Specials, vegetarische/vegane Wochen, spezielle Angebote für Kinder oder Workshops und Kochkurse mit Interaktion sind – hier findet man fast immer Ideen, die bei den Gästen gut ankommen und gebucht werden.
  • Community-Aufbau: Menschen verorten sich gerne in sozialen Gruppierungen. Das kann man extrem einfach nutzen. Schaffe exklusive Formate für Gourmets, Weinliebhaber, Veganer usw. – und nenne das auch immer so. Im Kopf passiert folgendes: „Oh, das ist genau was für mich – da will ich auch dabei sein.“
  • Außerhaus-Formate: Geh raus aus deinen vier Wänden! Das ist immer noch ein komplett unterschätzter Punkt. Wenn die Menschen nicht zu uns kommen, gehen wir zu ihnen! Für uns in der Caipibar, ist das mittlerweile ein Bereich, in dem wir 10-15 % Zusatzumsatz zu unserem „normalen“ Barumsatz schaffen. Deshalb meine klare Empfehlung: Nimm an Events, Festivals, Märkten usw. teil oder biete Caterings für private Feiern und Firmenevents an (am besten konkrete „Themen-Angebote“, die zu deinem Konzept passen).
  • Interaktion: Und zu guter Letzt etwas sehr Einfaches, was man immer wieder vergisst: Sprich mit deinen Gästen! Lerne die Wünsche und Sehnsüchte deiner Zielgruppe kennen und gestalte dein Angebot entsprechend. Das ist ein dauerhafter Prozess des sich selbst neu Erfindens. Kein statisches Konzept funktioniert heute dauerhaft.

Mehr als nur ein Gastronom sein

Was ich daran am schönsten finde, ist, dass wir Gastronomen damit mehr sein müssen und dürfen als nur „Wirt“.

Das bietet Menschen mit unterschiedlichsten Fähigkeiten eine Perspektive in unserer Branche. Es geht nicht mehr primär darum, nur Essen und Getränke unfallfrei an einen Tisch zu tragen, sondern darum, sich mit den Menschen auseinanderzusetzen, zu verstehen, wie wir ihre Wünsche, Bedürfnisse und Träume befriedigen können und wie wir damit mehr verkaufen als nur Essen und Trinken. Erst damit werden wir Gastronomen wieder zu einem unverzichtbaren Teil unserer Gesellschaft.

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