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Fangt endlich an zu verkaufen!

Ein perfektes Verkaufserlebnis

Eines meiner besten „Verkaufserlebnisse“ hatte ich vergangenes Jahr bei einem Besuch in der Szene-Gastronomie „Bistro Mai Liabba“ der Fischerei Tegernsee. Dort wo sich die Schickeria zum Champagner-Trinken trifft, haben mich nicht primär die Gäste oder die sündhaft teuren Schaumweine begeistert, sondern unser Kellner!

Es war Sommer, es war heiß. Wir betreten mittags um 12 Uhr den Gastgarten und werden extrem unprätentiös in Empfang genommen. Keinerlei Bussi-Bussi, keinerlei Wichtigtuerei, aber auch keine Dienerei. Einfach ein entspanntes „Servus – schön, dass ihr da seid.“ Man wird zum Tisch begleitet, setzt sich, genießt kurz die wirklich tolle Szenerie und Aussicht und bekommt dann die Karten mit den Fischgerichten und natürlich mit den berühmt-berüchtigten Schaumweinen.

Und dann kommt dieser perfekte „Verkaufseinstieg“ von unserem 25-jährigen Kellner: „Mögt’s erstmal ein Bier zur Erfrischung? Dann könnt‘s ihr ganz entspannt aussuchen, was ihr sonst wollt‘s.“

Wahhhhhh! Viel besser kann man es nicht machen! Der Bursche hat alles begriffen! Viel besser abgeholt habe ich mich selten gefühlt.

Und natürlich haben wir die Runde Bier bestellt und danach gleich noch eine, waren ja nur kleine Krüge (gleich noch was richtig gemacht)!

Warum das so gut war, erkläre ich euch später gleich noch genau. Nun erstmal zum heutigen Thema:

Umsatzsteigerung als Ziel

Die Antwort von 9 von 10 Gastronomen auf meine Frage, was ihr unternehmerisches Ziel fürs nächste Jahr ist, lautet: Umsatzsteigerung. Wenn man nun aber konkret nachfragt, wie diese Umsatzsteigerung erreicht werden soll, kommen meist wenig konkrete Antworten, sondern eher Vorsätze oder Hoffnungen: „Endlich mehr Marketing machen.“ oder „Auf einen besseren Sommer hoffen.“

Ich bin ehrlich: Auch auf meinem Zettel steht der Punkt Umsatzsteigerung sehr weit oben und auch ich hoffe inständig auf einen langen und schönen Sommer – am besten von Anfang Mai bis Anfang Oktober. Das Problem bei der Sache ist jedoch: Ich kann es nicht beeinflussen. Und ich mag es gar nicht, wenn ich auf Fortunas Gunst angewiesen bin.

Also heute mal eine Anregung, wie wir viel einfacher, planbarer und messbarer eine substanzielle Umsatzsteigerung erreichen können und dabei noch unsere Gäste zufriedener machen.

Das Potenzial vorhandener Kunden

Das Gute liegt oft so nah, dass wir es gerne übersehen. In diesem Fall sind das unsere bereits vorhandenen Kunden. Ich garantiere euch, in jedem von ihnen stecken mindestens 20 % Potential für mehr Umsatz – ganz ohne Marketing oder das Hoffen auf Gutes Wetter. Und ich garantiere euch, eure Kunden werden euch ihr Geld gerne geben.

Der Schlüssel zur Umsatzsteigerung liegt in einem fundamentalen Paradigmenwechsel: Unser Servicepersonal muss sich von reinen Bestellungsaufnehmern zu aktiven, aber charmanten Verkaufsprofis entwickeln.

Die Devise lautet: „Wir verkaufen nicht, wir erfüllen Kundenwünsche.“ Dieser Ansatz basiert auf dem Grundgedanken, dass guter Verkauf im Gastgewerbe nichts mit aggressivem Aufdrängen zu tun hat. Stattdessen geht es darum, die Bedürfnisse und Wünsche der Gäste zu erkennen – oft sogar bevor diese sie selbst artikulieren können.

[LinkedIn: „Vertiefte Gedanken und Anregungen, wie wir das in unseren Betrieben verinnerlichen können, findet ihr in meinem aktuellen Blog-Artikel dazu. -> Link]

Wachstum durch vorhandene Gäste

Als Gastronom sind wir ständig auf der Suche nach Wegen, unseren Umsatz zu steigern. Oft denken wir dabei zuerst an Maßnahmen wie Werbung, Rabattaktionen, die Erweiterung des Sitzplatzangebots, um mehr Gäste anzulocken. Oder wir denken an Preiserhöhungen, um steigende Kosten mit Mehrumsatz auszugleichen.

Viele von uns konzentrieren sich darauf, mehr Gäste in ihre Lokale zu locken, um den Umsatz zu steigern. Mehr Gäste und eine höhere Auslastung sind definitiv Punkte, an denen es sich immer lohnt zu arbeiten.

Doch die vielleicht effektivste Methode zur Umsatzsteigerung liegt direkt vor unserer Nase: die Erhöhung des Umsatzes pro Gast.

Warum dieser Ansatz effektiv ist

Warum ist dieser Ansatz so effektiv?

  1. Kosteneffizienz: Wir müssen keine zusätzlichen Marketingausgaben tätigen oder unsere Kapazitäten erweitern.
  2. Nutzung vorhandener Ressourcen: Wir arbeiten mit dem, was wir haben: unseren bereits vorhandenen Gästen.
  3. Unmittelbarkeit: Es bedarf keinem Vorlauf; wir können jederzeit damit starten und erzielen sofort Erfolge, die sichtbar und messbar sind.
  4. Geringerer Aufwand: Es bedarf keinerlei großer Maßnahmen oder Ressourcen.
  5. Steigerung der Gästezufriedenheit: Gutes Verkaufen ist guter Service und verbessert damit das Kundenerlebnis, was dazu führt, dass Gäste öfter wiederkommen und uns weiterempfehlen.
  6. Multiplikationseffekt: Schaffen wir es gleichzeitig auch noch die Gästeanzahl zu erhöhen, multipliziert sich dieser Mehrwert. Wenn wir also Geld fürs Marketing ausgeben, erhöht sich der ROAS überproportional.

So weit so gut. Jetzt kommt der Haken an der Sache: Der Schlüssel zu dieser Art der Umsatzsteigerung liegt in unserem Servicepersonal. Sie sind diejenigen, die den direkten Kontakt zu den Gästen haben und somit in der besten Position sind, den Umsatz pro Gast zu beeinflussen. Doch erfahrungsgemäß ist da bei 90 % aller Servicekräfte noch gewaltig Luft nach oben und meist erstmal wenig Motivation vorhanden, aktiver zu verkaufen. Denn „verkaufen“ wird erstmal als negativ wahrgenommen und erzeugt bei vielen eine innere Hemmung / Scheu.

Servicepersonal als Verkaufsprofis

Hier kommt der entscheidende Punkt: Wir müssen Mitarbeitern zeigen, dass dies eigentlich der Aspekt an unserer Arbeit ist, an dem Gastronomie so richtig anfängt Spaß zu machen: Wenn wir nämlich wirklichen Service bieten, indem wir unseren Gästen ihre Wünsche sprichwörtlich von den Augen ablesen. Servicekräfte müssen verstehen, dass wir eigentlich primär dazu da sind, Wünsche zu erfüllen und nicht nur um Bestellungen aufzunehmen und Essen und Getränke zu servieren.

Wichtige Fähigkeiten für Servicekräfte

Das bedeutet, unser Servicepersonal muss lernen:

  • Aktiv zuzuhören und die Bedürfnisse der Gäste zu erkennen.
  • Passende Empfehlungen auszusprechen.
  • Den richtigen Zeitpunkt für zusätzliche Angebote zu erkennen.
  • Charmant & selbstbewusst, aber nicht aufdringlich zu agieren.

Auch wenn mir bewusst ist, dass nicht jeder Mitarbeiter der geborene Verkäufer ist und wir in unseren Teams auch immer Leute haben werden, die doch primär Essen und Getränke von A nach B tragen, gibt es trotzdem viele Dinge, die wir als Gastronomen tun können, um unsere Servicekräfte zu besseren „Verkäufern“ zu entwickeln.

Maßnahmen zur Verbesserung

  1. Produktkenntnisse vermitteln: Unser Personal sollte jedes Gericht und jedes Getränk auf der Karte kennen oder zumindest die wichtigsten. Nur so können sie fundierte Empfehlungen geben. Gebt ihnen Produktpässe (solltet ihr eh haben) mit klaren Beschreibungen an die Hand und schult sie kontinuierlich.
  2. Zuhören & Beobachten trainieren: Motiviert eure Mitarbeiter, auf subtile Hinweise der Gäste zu achten. Das geht am besten zusammen und mit Hinweisen von euch als erfahrene Gastronomen.
  3. Entwicklung von Empathie: Sprecht mit eurem Personal darüber, was ihnen wichtig ist, wenn sie als Gäste in einem Restaurant sind.
  4. Kommunikation trainieren: Die meisten Mitarbeiter brauchen am Anfang klare Hinweise, wie sie ihre Kommunikation mit den Gästen besser gestalten können. Wir sind alle vom „Darfs noch was sein?“, „versaut“…
  5. Upselling-Produkte: Nehmt ganz bewusst einfache Upselling-Produkte auf die Karte. Gerade bei Vorspeisen und Nachspeisen gibt es einfach „Renner“, die man immer verkaufen kann. Das Gleiche gilt für Getränke: Ein Glas Schaumwein vor dem Essen, ein guter Obstbrand oder ein Espresso nach dem Essen gehen immer; Shots in einer Bar mit jungem Publikum auch.

Diese Produkte müssen immer proaktiv angeboten werden! Statt: „Möchten Sie noch etwas?“ oder eben das fürchterliche „Darfs noch was sein?“ muss es heißen: „Wie wäre mit xyz“ oder „Darf ich euch noch xyz bringen“ oder wenn’s noch etwas eindringlicher sein soll: „Ich könnte euch / Ihnen heute xyz unbedingt empfehlen.“

Gäste fühlen sich damit nicht bedrängt, sondern gut beraten und umsorgt! Sie erhalten einen Mehrwert, der ihr Essenserlebnis bereichert.

Übrigens, am einfachsten funktioniert das bei Eltern mit Kindern: Kinder sind immer für „Versuchungen“ offen. Schlagt hier konkret Gerichte und Getränke vor, die Kinder mögen. Die Eltern werden euch dafür hassen und lieben. Aber sie werden fast nie nein sagen und sie werden definitiv wiederkommen, weil die Kinder von eurer Gastronomie begeistert sein werden.

Schlüsselelemente des Verkaufs

Das Schlüsselelement des erfolgreichen Verkaufens im Service ist die Fähigkeit, Situationen, Kundentypen und damit Kundenwünsche zu erkennen und zu antizipieren.

Hier komme ich nochmal auf mein eingangs geschildertes Erlebnis am Tegernsee zurück. Warum war das so perfekt?

Hier mal eine „formelle“ Analyse des Vorgehens unseres Kellners:

  1. Situationseinschätzung: Er hat die Situation (warmer Tag, möglicherweise durstige Gäste) und uns (keine Schickimicki Gäste und aus Bayern, also sicher auch „Bier-Trinker“) richtig eingeschätzt.
  2. Unerwarteter Vorschlag: Statt des erwarteten teuren Champagners wurde erst einmal ein einfaches Bier vorgeschlagen, was natürlich positiv überrascht hat und einem eben gerade nicht das Gefühl gegeben hat, dass einem hier etwas versucht wird zu verkaufen.
  3. Schaffung einer entspannten Atmosphäre: Der Vorschlag impliziert, dass wir uns als Gäste Zeit nehmen und in Ruhe entscheiden können (auch wenn die Reservierung zeitlich limitiert war).
  4. Öffnung für weitere Verkäufe: Durch die Formulierung „erstmal“ wird angedeutet, dass quasi klar ist, dass weitere Getränke folgen können.
  5. Authentische Ansprache: Lockere Sprache, ein bisschen Dialekt für den Lokalkolorit und auf Augenhöhe.

Ergebnis und Fazit

Ergebnis:

Wir haben „außerplanmäßig“ schon mal jeder zwei Bier getrunken. Das waren zwar in dem Kontext sicher nicht mehr als 7 % von unserem Pro-Kopf-Umsatz aber immerhin. V.a. hat es aber eins gemacht: Es hat uns signalisiert, dass er hier keine „Erwartungen“ gibt, was getrunken werden muss, sondern nur Möglichkeiten und wir frei entscheiden können, welche wir wahrnehmen wollen. Und der psychologische Effekt: Da wir auf die initiale Empfehlung eingegangen sind und ein positives Erlebnis mit dem kalten Bier haben (Quick Win), war eine Vertrauensbasis da, die uns natürlich dazu „verleitet“ hat, auch fast allen anderen Empfehlungen im Weiteren zu folgen. „Der Bua weiß ja scheinbar, was wir wollen.“

Fazit:

Wenn wir über Möglichkeiten zur Umsatzsteigerung nachdenken, sollten wir als erstes unseren Verkaufsprozess in den Fokus nehmen. Hier ist fast in jedem Betrieb noch unglaublich viel Luft für einen Mehrumsatz. Um sich das zu vergegenwärtigen, genügt auch ein Blick über die Branchen-Grenzen hinaus: Vertrieb hat in nahezu allen erfolgreichen Unternehmen höchste Priorität. In der Gastronomie haben wir diese Bedeutung zu lange unter den Teppich gekehrt.

Dazu ist ein Mindset-Shift nötig: Wir müssen uns vor Augen führen, dass unsere Gäste gerne Geld ausgeben in unseren Betrieben. Denn unsere Gäste kommen zu uns, um gutes Essen und gute Getränke zu konsumieren. Wir müssen ihnen nur sagen, was sie wollen.

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